Beschreibung
Eine unterhaltsame und häufig zum Nachdenken und Nachfühlen anregende Sammlung von Kurzgeschichten aus dem sehr ungewöhnlichen Leben der Margret Bonné aus Steinheim öffnet den Blick auf die Dinge häufig aus einer anderen Perspektive.
In ihren Geschichten haben sowohl Hasenbrote, Vierzehnmorgen und Pohutukawa, aber auch Beziehungen, das Verbiegen und das Reisen die Hauptrollen.
Ihr Leben wurde geprägt durch eine Kindheit während der Kriegszeit im engen Ostwestfalen, dem unbändigen Drang, sich mit Literatur zu beschäftigen, ihre Tätigkeit im katholischen Jugendhaus in Düsseldorf, eine Brieffreundschaft mit einem unbekannten Mann in Auckland (Neuseeland), welche sie in die Liebe zu ihrem Ehemann (ohne ihn zuvor jemals gesehen zu haben) entführte, einen gemeinsamen Lebensabschnitt am anderen Ende der Welt und durch weitere Stationen in den Niederlanden und in Ahaus im Westmünsterland während der Bauzeit des Brennelementzwischenlagers. Erst nach dem Tod ihres Mannes und während ihrer Beziehung zu ihrem zweiten Partner fasste sie den Mut, selber dies Buch zu schreiben.
Inzwischen kann sie selber nicht mehr ihrer liebsten Beschäftigung nachgehen und „den alten Menschen“ etwas vorlesen – sie lebt nunmehr selber in einem Pflegeheim und ihr Sohn hat sich entschlossen, dieses Werk als „Non-profit“-Auflage wieder herauszugeben, um mit den Erlösen Gutes zu tun.
Inhalt
- Als Du geboren wurdest
- Josefine heißt man nicht
- Der erste Schultag
- Hasenbrote
- Vierzehnmorgen
- Tot, töter, am tötesten
- Leseratte
- Die Weihnachtskrippe
- Heil, mein Führer! Heil, mein Kind!
- Bleibe im Lande und nähre dich redlich
- Wo liegt Neuseeland?
- Unser Haus
- Biegen und verbiegen
- Ausreichend reicht aus
- Auf den Standort kommt es an
- Annette von Droste-Hülshoff
- Über den Wolken
- Tulpen aus Amsterdam
- Das Alter ist ein höflich Mann
- WMF 2000
- Es stand in der Zeitung
- … und viele andere
Leseprobe
Als Kind im Zweiten Weltkrieg
Überhaupt meine Mutter. Der Ortsgruppenleiter überreichte ihr eines Tages das Mütterverdienstkreuz, wir waren nämlich kinderreich. Es hing an einem schönen langen Schleifenband. Mutter trug den Orden kein einziges Mal. Wir durften damit spielen und prompt war das gute Stück sehr bald unter andern Spielsachen verschwunden. Den Weg alles irdischen ging auch die Hakenkreuzfahne, mit der wir zu besonderen Anlässen unser Haus beflaggen sollten. Besondere Anlässe gab es oft, roten Baumwollstoff dagegen selten. Fräulein Lücking, unsere Hausschneiderin, nähte für meine beiden Schwestern und mich bunte Dirndlkleider, es fehlten lediglich die dazugehörigen Schürzen. Kurzerhand zerschnitt Muter die Fahne, das leuchtende Rot der Dirndlschürzen passte wunderbar zu unseren Kleidern.
Das war zwar schon kurz vor dem unaufhörlich angekündigten Endsieg, aber heute weiß ich, dass sie doch jedes Mal ein bisschen Herzklopfen hatte, wenn andere ihre Fahnen heraushingen, unser Haus jedoch gefährlich nackt dastand. Der Ortsgruppenleiter überreichte nicht nur Orden, sondern auch die Mitteilung “Bei Stalingrad vermisst” oder “Gefallen auf dem Felde der Ehre”. Wir waren froh, dass er an unserm Haus vorbeiging.
Am 20. Juli ist mein Namenstag, den feierte man früher noch. Der 20. Juli 1944 war für mich wegen des Hitlerattentats ein ganz besonderer Namenstag. Diese hektische, sich überschlagende Stimme aus dem Volksempfänger! Von göttlicher Vorsehung war die Rede. Alle schienen sehr aufgeregt zu sein, auch meine Muter. Und ich sagte: „Oh Mama, ohne den lieben Gott wäre unser Führ jetzt tot. Der hat aber einen guten Schutzengel gehabt. Im gleichen Augenblick rutschte ihr die Hand aus. Sie verabreichte mir eine saftige Ohrfeige und zischte: „Göttliche Vorsehung! Was für ein Quatsch! Und du nenne Hitler nie wieder in einem Atemzug mit dem lieben Gott“. Ich war zutiefst erschrocken, fühlte mich ungerecht behandelt und verstand die Welt nicht mehr.
Zur Autorin
Margret Bonné, geb. 1932 in Steinheim/Westfalen, absolvierte direkt nach Kriegsende eine Ausbildung zur Industriekauffrau in der Steinheimer Möbelfabrik, um anschließend, noch vor ihrer Volljährigkeit, eine Stelle als Sekretärin in Düsseldorf anzunehmen. Diverse andere Positionen als Sekretärin folgten. Der weitere Weg führte über Neuseeland und den Niederlanden 1975 nach Ahaus im Westmünsterland. Dort entdeckte sie ihre Liebe zum Selberschreiben. Im Jahr 2004 kehrte sie in ihren Geburtsort Steinheim zurück. Weitere Details sind aus ihren eigenen Kurzgeschichten zu entnehmen.
Margret Bonné
Vierzehnmorgen … und andere Geschichten
Books on Demand, Norderstedt, Neuauflage 2015
Hardcover, 21,5 x 21,5 cm
148 Seiten, mit 23 Farb- und Schwarz-Weiß-Abbildungen
ISBN 9783734791505