Männlichkeiten, Deutsche Jungenschaft und CVJM in Minden 1945-1955 (2005)

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Beschreibung

Gab es für deutsche Jugendliche nach Militärniederlage und Führerdiktatur eine Krise der Männlichkeit? An welchen Vorbildern orientierten sich männliche Jugendliche? Griffen sie vorgelebte Männlichkeitskonzepte auf oder entwickelten sie eigene Männlichkeitsideale?

In ihrer Untersuchung zeichnet die Autorin ein Porträt des Alltags von drei Jugendgruppen in der ostwestfälischen Stadt Minden an der Weser. Im Zentrum stehen die Aktivitäten bei Heimabenden und Fahrten der liberal-bürgerlichen Deutschen Jungenschaft, des CVJM im christlich-konservativen Milieu und des sozialdemokratischen und proletarischen „Touristenvereins Die Naturfreunde“. Die Mitglieder waren in der Regel zwischen 14 und 18 Jahren alt und die Gruppen waren, abgesehen von den Naturfreunden, exklusiv männliche Organisationen.

Anhand der Analyse von Fahrtenbüchern, Briefwechseln, Vereins- und Behördenschreiben entsteht ein lebendiges Bild unterschiedlicher Männlichkeitskonzepte und damit verbunden milieuspezifischer Gesellschafts- und Politikvorstellungen:

  • die einen inszenierten sich im homoerotischen Männerbund als elitäre Ästheten,
  • die anderen eigneten sich im formal-hierarchischen Verein eine Form bibel- und technikorientierter, hegemonialer Männlichkeit an,
  • die Dritten changierten zwischen Clown, Kämpferhabitus und Partner des anderen Geschlechts im demokratisch und patriarchalisch strukturierten Arbeiterverein.

Die drei Gruppen repräsentierten eigene Milieus. Gleichzeitig stellten sie alle eine Elite der Jugendlichen dar. Sie gehörten zu den jungen Menschen, die sich offiziell anerkannten Jugendorganisationen anschlossen. Sie galten – im Gegensatz zu den im zeitgenössischen Jugenddiskurs kritisierten „Gewalttätigen und Verwahrlosten“ – zu den „Integrierbaren“. Sie hatten durch die Organisationszugehörigkeit ein Sprachrohr für ihre Interessen gegenüber Verwaltung und Politik. Vom Zusammenschluss dieser Organisationen zu Jugendringen handelt die Rahmenerzählung des Buches.

Aus dem Inhalt

  • Einleitung
  • Erwachsene und Jugendliche in Minden
    • Erwachsene im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit
      • NS-Herrschaft und -Verbrechen im konservativen Minden
      • Machtwechsel und Nachkriegsgesellschaft
        • Menschen in Minden und auf dem Weg nach Minden
        • Hunger, Schwarzmarkt und Währungsreform
        • Militärregierung, Demokratie und Verlust des Regierungssitzes
        • „Jugenden“ und Jugendpolitik
    • Mädchen und Jungen: Überlebensstrategien, Orientierungen und Vergnügungen
      • Generation ohne Abschied: verraten, suchend, hungernd
      • Aneignungen, Orientierungen und Verortungen
        • Familien
        • Schule, Ausbildung und Lohnarbeit
        • Geselligkeit und Eigen-Sinn zu Hause, auf der Straße und im Kino
  • Jungen in Jugendorganisationen: bündische, christliche und sozialdemokratische – Begegnung I: Sonnenwendfeier 1946
    • Jungenbund im (national-)liberalen Millieu: die Deutsche Jungenschaft
      • Erfahrungen im (national-)liberalen Bürgertum
        • Bürger, Freiberufler und Offiziere
        • National-liberal, nationalsozialistisch, liberal
        • Öffentliches Wirken in Vereinen, Gesellschaften und in der Jugendbewegung
        • Nationalsozialismus, Krieg, „Betrug“, Zusammenbruch und „Katastrophe“
      • Die Jungenschaftler: Selbsterringung und bürgerliche Männlichkeit
        • Im Heim: schöngeistige Gemeinschaft
        • Auf Fahrt: Bewährungen in der Natur und im Bund
        • In der Stadt: Jugendpolitik und bündische Provokationen
      • Resümee: Männerbund und Arrangement mit der Demokratie
    • Christiliche Jungen im christlich-konservativen Milieu: der CVJM
      • Erfahrungen im konservativ-protestantischen Bürgertum
        • Handwerker, Angestellte und Selbständige – Schüler und Lehrlinge
        • Von der DNVP zur CDU
        • Interessenpolitik und religiöse Erbauung
        • Über 100 Jahre christliche Jugendvereine
        • Widersprüchlichkeiten: Bibel, Kirche und Nationalsozialismus
      • Die CVJMler: Bibeltreue, Technikbegeisterung und hegemoniale Männlichkeit
        • Im Heim: Bibellektüre als Erbauung und Orientierung
        • Auf Fahrt: Bruderschaft, Leiblichkeit und Expertendemokratie
        • Mann-Werdung in Verein, Gemeinde und Kommune
      • Resümee: Moderne Traditionsbindungen in Männerbund, Familie und Gemeinde
    • Proletarische Mädchen und Jungen im sozialdemokratischen Milieu: die Naturfreunde-Jugend
      • Erfahrungen im sozialdemoktarischen Milieu
      • Die Naturfreunde-Jungen: Tanz mit Mädchen, Politik mit Männern und Arbeit für alle
        • Das Heim: Arbeit und Tanz für die Partnerschaft
        • Sportliche Ferienfahrten: soziales Wandern und Geschlechterkonflikte
        • Gremienarbeit und Feste: offizielle und inoffizielle Politik
        • Sozialdemokratische Lokalpolitik als Komödie: Naturfreunde-Jugend auf der öffentlichen Bühne
      • Resümee: Arbeitermännlichkeit: halbstark, familienorientiert und burlesk
    • Begegnung II: Gründung des Mindener Stadtjugendrings 1956
    • Drei Jugendorganisationen in Minden: Männlichkeiten und Politiken im Milieuvergleich
  • Männliche Selbstvergewisserungen und Heuschrecken im Matsch: Schlussbetrachtungen

Band 17 der Potsdamer Studien, Schriftenreihe der gemeinnützigen Gesellschaft für Fortbildung, Forschung und Dokumentation

Zu beachten: Es handelt sich um ein antiquarisches Einzelexemplar. Das Buch ist in sehr gutem Zustand, sonst würden wir es hier nicht anbieten.

Bettina Joergens
Männlichkeiten, Deutsche Jungenschaft, CVJM und Naturfreundejugend in Minden, 1945–1955
Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 2005
Softcover
604 Seiten
ISBN 978-3-93503557-6

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